Der Tag der drei guten Taten


foto-41a-54-tag-der-tatenJeden Tag eine gute Tat! Nach diesem Motto versuchen viele zu handeln, doch oftmals klappt es nicht. Ob eine gute Tat auch als solche anerkannt wird, kommt es darauf an, aus welcher Perspektive man eine Tat sieht, aus der eigenen oder aus der eines anderen. Wenn ein Mann z. B. freiwillig ohne Aufforderung den Mülleimer herunter trägt, ist er bestimmt der Meinung, dass es eine gute Tat gewesen sei, aber die Frau teilt diese Meinung vielleicht nicht, weil der Mülleimer schon seit Tagen überquillt und der Mann ihn schon längst hätte leeren sollen. Wie gesagt, eine gute Tat ist oftmals Ansichtssache.

Auf der anderen Seite kenne ich einige Personen (ehemalige Arbeitskollegen), die leben nach dem Motto „jeden Tag eine schlechte Tat“ und für die ist es eine innere Genugtuung, wenn sie jemanden wieder einmal so richtig und boshaft geärgert haben. Aber zu dieser Kategorie von Menschen gehöre ich nicht, aber auch nicht zu denen, die unbedingt täglich eine gute Tat vollbringen müssen. Eine gute Tat ergibt sich für mich spontan und wenn sie erfolgreich war, kann ich mir wenigstens selber auf die Schulter klopfen, wenn es vielleicht kein anderer tut.foto-02b-02-tag-der-taten

Dann gibt es aber Tage, da vollbringt man mehrere gute Taten, ohne es eigentlich irgendwie zu wollen, oder gar geplant zu haben. Gestern war für mich so ein Tag.

Die erste gute Tat:
Wieder einmal war ich mit dem Fahrrad unterwegs. Nachdem ich mich 1 1/2 Stunden nonstop ausgetobt hatte, machte ich eine Bananenpause auf einer bequemen Bank, denn mein Körper war ausgelaugt und brauchte Vitamine und Kohlenhydrate. Neben einigen Joggern, Spaziergängern und anderen Radsportlern bewegte sich ein Ehepaar an mir vorbei, er joggte neben seinem Rad, das einen Platten hatte und sie fuhr langsam hinterher. Wenig später machte ich mich auf und war am Endpunkt der Fahrradtour angelangt und schon wieder kamen die Beiden an. Er joggte und schwitzte immer noch. Ich sprach ihn an, ob er denn Hilfe oder gar Flickzeug bräuchte. Er nahm dankend an, reparierte seinen Fahrradschlauch mit meinem Flicken, pumpte ihn auf und freute sich, dass er nun nicht mehr joggen musste. Er überschüttete mich mit seiner Dankbarkeit, denn er hatte noch eine lange Wegstrecke vor sich und bot mir sogar 5 Euro an, die ich natürlich ablehnte mit der Begründung, dass für mich eine Hilfe in einer Notsituation selbstverständlich sei.foto-58d-15-tag-der-taten

Die zweite gute Tat:
Gestern, also Samstag, war der Tag, an dem meine einwöchige Strohwitwerzeit endete und meine Frau von ihrer Kurzreise aus Lübeck zurückkehrte. Nun begann für mich wieder der Ernst des Lebens, NEIN, das war sie noch nicht, meine zweite gute Tat. Nachdem der ICE im Bahnhof eingefahren war und mit quietschenden Bremsen stoppte, mir eine Unmenge reisender Menschen mit schwerem Gepäck entgegen strömten, entdecke ich sozusagen in letzter Minute meine Frau, die mir am Ende der Menschenmasse freudig entgegenkam. Natürlich begrüßten wir uns herzhaft und ich nahm ihr auch gleich ihren schweren Koffer ab. Nun hat diese Baukatastrophe, der Bahnhof Wilhelmshöhe, mehrere etwa 100 Meter lange stark ansteigende Gänge, die in das innere des Bahnhofs führen. Ich hatte schon mit dem schweren Koffer meiner Frau meine Last, die Steigung zu bewältigen und entdeckte vor mir eine Blondine, die nicht nur einen schweren Koffer hinter sich her zog, sondern auch noch mit einer großen vollen Tasche kämpfte. Alle 5 m hielt sie an um zu verschnaufen. Als ich mich in gleicher Höhe der Blondine befand, fragte ich sie, ob ich helfen könnte. „Sie“ sagte, ja gerne und drückte mir sofort ihre schwere Tasche in die Hand. Nun gut, ich hatte links den großen Koffer meiner Frau und rechts die schwere Tasche der Blondine, die noch schwerer als der Koffer meiner Frau war und mir so langsam deutliche schmerzende Druckstellen in meiner Handfläche hinterließ. Ich wollte mir natürlich nicht die Blöße geben, dass ich vielleicht doch ein wenig „überladen“ bin und bewältigte die restlichen 50 m des steilen Anstieges. Oben angekommen, entledigte ich mich sofort von der lästigen Tasche (was da wohl drin war?) und die Blondine bedankte sich mit einer kräftigen tiefen Stimme bei mir. Nachdem ich verschnauft hatte und wieder normal durchatmen konnte, betrachtete ich mir die Blondine noch etwas genauer. „Sie“ war in der Tat blond, aber es war ein „Er“. Dann fiel mein Blick auch noch auf ihren Körperbau, der war ausgesprochen muskulös und ich gehe mal davon aus, dass „Er“ wesentlich kräftiger war als ich zumal uns von Alter her gute 30 Jahre trennten. Meine Hilfe hätte er vielleicht nicht nötig gehabt, dieser Kraftprotz. Nachdem „Er“ außer Sichtweite war, kugelte sich meine Frau (sie ist manchmal ein bisschen schadenfroh) vor lachen, dass meine Hilfsbereitschaft einer nicht ganz echten Blondine galt. Ich fand das gar nicht lustig, aber dennoch glaube ich, dass es eine gute Tat war, also die zweite an diesem ereignisreichen Tag. foto-58d-17-tag-der-taten

Die dritte gute Tat:
Obwohl sie sich über mich köstlich amüsiert hat, habe ich meine Frau dennoch wohlbehalten und gesund nach Hause gebracht. NEIN, das war natürlich nicht die dritte gute Tat, sondern selbstverständlich. Aber vielleicht findet ihr lieben Blogger, dass dieses Foto eine gut Tat ist. Bei diesem Foto jedenfalls handelt es sich übrigens um eine echte Blondine, die auf dem Bahnsteig ihrem Liebsten den roten Herzluftballon überreichen wollte, der ebenfalls mit dem ICE eintraf. Um die Wartezeit zu überbrücken, war ihr Blick tief in ihr Smartphone versunken. Witzig dabei war, dass ihr Liebster meiner Frau beim Kofferausladen geholfen hat und somit auch eine gute Tat vollbracht hat. So eng sind unterschiedliche Ereignisse manchmal miteinander verknüpft.foto-67d-55-tag-der-taten