es war doch sein MEISTERSTÜCK


Foto-75c-(33)-es-warUnd nun besitzt er es leider nicht mehr, der arme alte russische Bürger auf dem Flohmarkt in Kassel. Es ist schon eine Weile her, da erleichterten wir uns auf Flohmärkten von allerlei Hausrat und Dingen, von denen wir uns trennen wollten. An einem schönen Sonntag im Sommer machten wir uns wieder auf, packten einige Koffer voll und stellten auf einer Freifläche die Tapeziertische auf. Sie waren schnell bestückt mit unseren Verkaufsartikeln und die ersten Interessenten guckten schon neugierig auf das, was wir anzubieten hatten. Uns gegenüber befand sich ein weiterer Verkaufsstand. Hinter ihm saß ein alter Mann, der seinen Tisch mit diversen Sperrholzfiguren gefüllt hatte. Foto-75c (37)-es-warEigentlich schenkten wir ihm und seiner Ware keine Beachtung, wie die Besucher des Flohmarktes ebenso. Wir wären irgendwann abends nach Hause gefahren und hätten den alten Mann und seine Figuren gänzlich vergessen, wenn er nicht stets zu uns rüber schaute und somit unsere Aufmerksamkeit erregte. Nach einer Weile stand er auf und bewegte sich in unsere Richtung. Im gebrochenen Deutsch mit russischem Akzent sprach er mich an und zeigte auf eine Brille, die auf unserem Tisch lag. „Was du wollen dafür haben?“ fragte er. Foto-75c-(36)-es-warIch erwiderte, dass die Brille neuwertig und allein das Gestell sehr wertvoll sei. Folglich müsste sie schon 50 DM bringen. Dann war urplötzlich sein Lächeln verschwunden und er bewegte sich wieder zu seinem Stand zurück. Es vergingen keine 10 Minuten, da kam er mit einer aus Sperrholz ausgesägten ziemlich laienhaft gefertigten Pferdefigur an und er wolle sie gegen meine Brille tauschen, weil er noch nichts verkauft und somit auch kein Geld hätte. Ich lehnte allerdings erneut ab. Foto-75c (38)-es-warWenig später kam er mit einer zweiten Figur an, die die gleiche derbe Fertigungsmethode aufwies und die irgendwie wie „Väterchen Frost“ aussah. Ich lehnte wieder ab, fing aber dann doch so langsam an zu grübeln, zumal mich meine beiden Mädels etwas strafend von der Seite anblinzelten. Diesen Blick kannte ich und dann durchstreifte ein Gedanke mein Hirn, dass es sich vielleicht um einen sehr armen Menschen handele, der lediglich versuchte, seine Rente aufzubessern. Kurz, er tat mir dann doch irgendwie leid, zumal ich ihn schon zweimal enttäuscht hatte. Insofern war ich irgendwie erleichtert, als er dann doch das dritte Mal aufstand und zu mir herüber kam. Jetzt hielt er in seine Hand ein kastenartiges Gebilde, das ich so auf den ersten Blick nicht identifizieren konnte. Erst als er es mir vorführte und er erwähnte „das seien meine beste Arbeit“, also sein Meisterstück und er würde es jetzt gerne gegen meine Brille tauschen. Foto-75c-(34)-es-warAn der Seite das Kastens befand sich eine Kurbel und wenn man an ihr dreht, bewegen sich alle Figuren. Wieder musterten mich meine Mädels von der Seite und ihre Gedanken konnte ich irgendwie lesen. Nun gut, sagte ich zu dem Mann, ich bin einverstanden und gab ihm die Brille. Sein Meisterstück habe ich natürlich genommen. Meine beiden Mädels meinten später, ich hätte ihm sein Meisterstück ruhig lassen und ihm die Brille schenken können. Foto-75c-(35)-es-warNEIN, da war ich anderer Meinung, denn auf einem Flohmarkt verschenkt man nichts. Und außerdem bringe ich nicht nur einen Gegenstand mit nach Hause, sondern auch eine Story die ich des Öfteren meinen Gästen erzählt habe. Meine Gäste waren dann stets verblüfft, welches handwerkliches Geschick sich doch hinter dieser Arbeit verbirgt und wie witzig die kleinen Bären auf dem Kasten ihren Tätigkeiten nachgehen.Foto-75c-(32)-es-war

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