Denk ich an Deutschland in der Nacht,
Dann bin ich um den Schlaf gebracht,
Ich kann nicht mehr die Augen schließen,
Und meine heißen Tränen fließen.
Die Jahre kommen und vergehn!
Seit ich die Mutter nicht gesehn,
Zwölf Jahre sind schon hingegangen;
Es wächst mein Sehnen und Verlangen.
Mein Sehnen und Verlangen wächst.
Die alte Frau hat mich behext,
Ich denke immer an die alte,
Die alte Frau, die Gott erhalte!
Die alte Frau hat mich so lieb,
Und in den Briefen, die sie schrieb,
Seh ich, wie ihre Hand gezittert,
Wie tief das Mutterherz erschüttert.
Die Mutter liegt mir stets im Sinn.
Zwölf lange Jahre flossen hin,
Zwölf lange Jahre sind verflossen,
Seit ich sie nicht ans Herz geschlossen.
Deutschland hat ewigen Bestand,
Es ist ein kerngesundes Land,
Mit seinen Eichen, seinen Linden,
Werd ich es immer wieder finden.
Nach Deutschland lechzt ich nicht so sehr,
Wenn nicht die Mutter dorten wär;
Das Vaterland wird nie verderben,
Jedoch die alte Frau kann sterben.
Seit ich das Land verlassen hab,
So viele sanken dort ins Grab,
Die ich geliebt – wenn ich sie zähle,
So will verbluten meine Seele.
Und zählen muss ich – Mit der Zahl
Schwillt immer höher meine Qual,
Mir ist, als wälzten sich die Leichen,
Auf meine Brust – Gottlob! sie weichen!
Gottlob! durch meine Fenster bricht
Französisch heitres Tageslicht;
Es kommt mein Weib, schön wie der Morgen,
Und lächelt fort die deutschen Sorgen.
Dichtete einst Christian Johann Heinrich Heine (* 13. Dezember 1797 als Harry Heine in Düsseldorf, Herzogtum Berg; † 17. Februar 1856 in Paris), der einer der bedeutendsten deutschen Dichter, Schriftsteller und Journalisten des 19. Jahrhunderts war.
Lieber Alexander,
schön dass Du das Gedicht von Heine gebracht hast.
Ein Auszug zu Heinrich Heine.
Heinrich Heine (1797–1856) ist einer der bedeutendsten deutschen Autoren. Der Lyriker und Schriftsteller gilt als Vollender und Überwinder der deutschen Romantik. Als Journalist begründete er moderne literarische Formen wie das Feuilleton. Seine scharfe Kritik an sozialen und politischen Verhältnissen machte ihn zu einem Hauptvertreter der Literatur des Vormärz. In Deutschland mit strenger Zensur und Publikationsverbot belegt, lebte er ab 1831 im französischen Exil. Zu seinen bekanntesten Werken gehören das »Buch der Lieder« sowie »Deutschland. Ein Wintermärchen«.
Quelle: Heinrich Heine – Biografie und Inhaltsangaben
https://www.inhaltsangabe.de/autoren/heine/
Denk ich an Deutschland in der Nacht hatte Heine 1844 geschrieben.
1831 ging er ins französische Exil. Er lebt dort also die letzten 25 Jahre.
Letzte Lebensjahre und Tod
Gelähmt, zeitweise erblindet und von krampfartigen Schmerzen gequält verbrachte Heine seine letzten acht Lebensjahre. Nach einem Zusammenbruch im Jahr 1848 war er ans Bett gefesselt. Er nannte es seine »Matratzengruft«. Heine vermutete, an den Spätfolgen einer Syphilis zu leiden. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse bestätigen dies. Andere Theorien nehmen eine fortgeschrittene Multiple Sklerose oder eine Bleivergiftung an.
Liebe Grüße
Hubert
P.S. Ich hoffe ich war nicht zu lang für einen Kommentar.
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Danke Hubert, nein, dein Kommentar ist nicht so lang, sondern sehr interessant. Jetzt verstehe ich auch dieses Deutschland kritisierende Gedicht. 😊
LG Alexander
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